Skarabäus im alten Ägypten: Wieso war der Mistkäfer heilig?

In Deutschland gilt der Marienkäfer als wichtigster Glücksbringer, in Ägypten ist es der Skarabäus oder auch Mistkäfer. Diese Tradition stammt aus dem Alten Ägypten und hat viel mit Glauben zu tun. Bis heute verehren viele Ägypter einen Käfer, der rein optisch gar nicht so ansprechend wirkt. Warum das so ist und welche sagenhaften Mythen sich um den kleinen Krabbler ranken, haben wir genauer beleuchtet. 

Der Pillendreher war im alten Ägypten heilig 

Das alte Ägypten wurde in zahlreichen Filmen, Computerspielen und Büchern verarbeitet. Hier werden vor allem antike Pyramiden in den Vordergrund gestellt, die noch bis heute Touristen anziehen und Menschen faszinieren. Was kaum jemand mehr weiß ist, dass der heilige Pillendreher zur damaligen Zeit mindestens ebenso berühmt und wichtig war wie die heutigen Pyramiden. 

Das schwarze Tier mit Flügeln hat keinen leichten Alltag. Es verbringt seine Zeit damit, Ausscheidungen von Säugetieren zu Kugeln zu formen. Das Gewicht dieser Kugeln ist deutlich größer als der Pillendreher selbst. Diese Tätigkeit hat dazu geführt, dass im Alten Ägypten eine direkte Verbindung mit dem Sonnenlauf geschaffen wurde. Die gedrehte Kotkugel des männlichen Käfers wurde als Symbol der Sonne gesehen, die über den Himmel wandert und verschwindet. Hat der Pillendreher seine Kugel vollendet, lässt er sie ebenfalls verschwinden – er gräbt sie unter der Erde ein. 

Diese Fähigkeiten des Skarabäus führten dazu, dass er als „Käfer Gottes“ gesehen und mit dem Gott „Chepre“ in Verbindung gebracht wurde. Dieser gilt als Schutzpatron der Morgensonne, nachdem sie „unter der Erde“ verschwand und sich wieder erhebt (Sonnenuntergang und -aufgang). 

Chepre ist jedoch nicht nur ein Sonnengott, er wird auch als Gottheit der Schöpfung gesehen. Da der heilige Pillendreher seine Kugeln verschwinden ließ und daraus später neue Skarabäen geboren wurden, sprachen die Alten Ägypter ihn heilig. Dass das Mistkäferweibchen seine Eier in die Kotkugel legt, wussten die Menschen seinerzeit nicht. Dieser Schritt geschah völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit erst dann, wenn die Kugel bereits vom Männchen eingegraben wurde. 

Skarabäen sind den Ägyptern bis heute heilig 

Der Skarabäus wurde im Alten Ägypten als heiliges Tier verehrt und spielt bis heute eine wichtige Rolle in der modernen ägyptischen Familie. Hergestellt aus Amethyst, Speckstein, Lapislazuli und Jaspis werden winzige Nachbildungen mit einer Größe von höchstens 1,5 cm gefertigt. Diese winzigen Skarabäen gelten als Glücksbringer und werden gern als Amulett an der Kette getragen. 

In den früheren Jahren wurden Skarabäen zusätzlich als Siegel genutzt, sie kamen bei Weinflaschen zum Einsatz, aber auch bei Beamten. An der Unterseite fanden sich entweder eingeritzte Hieroglyphen oder aber Namen, die auf den Besitzer hindeuteten. Die Hieroglyphen sagten aus, wogegen oder wofür der Skarabäus zum Einsatz kommen sollte. Er konnte als Glücksbringer für Familie, Gesundheit und vieles mehr stehen. 

Der Skarabäus als Beigabe zum Grab der Alten Ägypter 

Wurde eine Mumie beigesetzt, gab man ihr traditionell einen Skarabäus mit auf den Weg. Anders als die Glücksbringer-Symbole maßen diese eine Größe zwischen fünf und sechs Zentimeter. Sie konnten wahlweise in die Binden der Mumie eingewickelt oder auf ihrem Körper platziert werden. 

Mit dem Herzskarabäus versuchte sich der Alte Ägypter vor dem „Karma“ der Götter zu schützen. Lag er auf dem Herzen der Mumie, sollte der Legende nach sichergestellt werden, dass das eigene Herz keine negative Aussage zum Leben des Verstorbenen trifft. So sollte das Totengericht Milde walten lassen. 

Skarabäen sind bis heute noch ein Teil Ägyptens 

Streng gläubige Ägypter schmücken ihr Zuhause noch heute mit einem Skarabäus, der mittlerweile als Symbol der Wiedergeburt gilt. Bei Reisen durch das Land fallen zudem zahlreiche Gedenkskulpturen auf, die den früheren Gottheiten und Königen gewidmet wurden. Wann immer ein König eine besondere Leistung honorieren wollte, ließ er einen Skarabäus mit Hieroglyphen auf der Unterseite entwerfen. 

Der König Amenophis III. ordnete während seiner Regierungsphase die Platzierung von fünf Skarabäen an. Die Basisflächen dienten als Inschrift für Ereignisse, die im Land passiert waren. Bis heute sind diese kulturgeschichtlichen Besonderheiten in Ägypten zu sehen. 

Heilige Pillendreher leben noch heute 

Der Heilige Pillendreher gehört zu den Käferarten und lebt bis heute in Afrika, in Südamerika und in Kleinasien. In Europa ist er kaum verbreitet, hier kommt er höchstens in den warmen Regionen des Mittelmeerraumes vor. Insgesamt gibt es über 90 verschiedene Pillendreherarten, die allesamt zur Blatthornkäferfamilie gezählt werden. 

Seine Kotkugeln entnimmt der Pillendreher aus der freien Natur, wobei er ausschließlich Ausscheidungen von Pflanzenfressern nutzt. Eine Besonderheit ist, dass so eine fertige Kugel rund 40 Gramm wiegt. Das überschreitet das Eigengewicht des kleinen Käfers deutlich. Nur die großen Kotbällchen werden als Geburtsort für den Nachwuchs genutzt, in kleineren Kugeln werden Nahrungsvorräte gesammelt. 

Pillendreher verfügen über einen einzigartigen Geruchssinn und wissen schon aus großer Entfernung, wo sie die passenden Ausscheidungen finden. In Ländern wie Afrika lockt der Kot eines Elefanten gigantische Mengen der Käfer an. Sie können sich nicht nur drehend über den Boden fortbewegen, sondern auch fliegen. Das machen die possierlichen Tierchen aber nur, wenn sie schnell an frischen Kot gelangen möchten und es eilig haben. 

Vor Ort angekommen wird klar, dass Pillendreher nicht ausschließlich heilig und „anständig“ sind. Es kommt zu „Prügeleien“ mit Artgenossen, denn jeder möchte den entdeckten Kot für sich beanspruchen. Wenn während dieser „Kämpfe“ Vögel oder auch Fledermäuse den Weg der Käfer kreuzen, ist der Kampf schnell beendet. Sie sind natürliche Fressfeinde und greifen aus der Luft an. 

Spannend: Einige Zoos versuchten in der Vergangenheit, Pillendreher zu etablieren, scheiterten damit aber in den meisten Fällen. Der Käfer ernährt sich zwar (anspruchslos) von Kot, benötigt aber bestimmte Luft- und Bodentemperaturen, um sich wohlzufühlen und schließlich auch fortzupflanzen. 

Das Glückssymbol der Alten Ägypter ist noch heute relevant 

Die Lebensgeschichte des Heiligen Pillendrehers klingt nicht besonders einladend. Den ganzen Tag mit Kot anderer Tiere zu verbringen, wirkt abschreckend. Es ist faszinierend, dass gerade dieser Käfer zum heiligen Symbol des Alten Ägyptens erklärt wurde und es bis heute ist. Ekel verspürten die Menschen früher nicht. 

Die Faszination für die „Wiederauferstehung“ junger Skarabäen war zu groß. Man konnte sich nicht erklären, wie der Mistkäfer seine Kotkugel im Boden verschwinden ließ, nur damit später seine Nachkommen daraus schlüpfen konnten. In der Menschheitsgeschichte ist es nicht selten, dass unverständliche Phänomene zu Mythen, Sagen und Legenden führten.