Russische Landschildkröte (Testudo horsfieldii)

Die Vierzehenschildkröte (Testudo horsfieldii), auch als Russische Landschildkröte bekannt, ist eine Reptilienart, die in den Steppen und Halbwüsten Zentralasiens beheimatet ist. Diese robuste Schildkrötenart hat sich perfekt an das Leben in kargen, trockenen Lebensräumen angepasst und zeigt einige bemerkenswerte Verhaltensweisen, die sie von anderen Landschildkröten unterscheiden. Mit ihrem flachen, ovalen Panzer und den charakteristischen vier Zehen an den Vorderbeinen ist die Vierzehenschildkröte leicht zu erkennen. Trotz ihres Namens kommt sie nicht nur in Russland vor, sondern ist in einem weiten Gebiet von Kasachstan über Usbekistan bis nach Iran und Afghanistan verbreitet. In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf diese interessante Schildkrötenart und beleuchten ihre Merkmale, Lebensweise und Besonderheiten.

Fakten zur Vierzehenschildkröte

  • Klasse: Reptilia (Reptilien)
  • Ordnung: Testudines (Schildkröten)
  • Familie: Testudinidae (Landschildkröten)
  • Gattung: Testudo oder Agrionemys (umstritten)
  • Art: Testudo horsfieldii
  • Verbreitung: Zentralasien (Kasachstan, Usbekistan, Iran, Afghanistan)
  • Lebensraum: Steppen, Halbwüsten, trockene Grasländer
  • Körpergröße: 15-25 cm Panzerlänge
  • Gewicht: 0,5-2 kg
  • Verhalten: Tagaktiv, gräbt tiefe Höhlen, Sommerruhe und Winterstarre
  • Fortpflanzung: Eiablage von 2-6 Eiern, mehrmals pro Jahr möglich
  • Gefährdung: Gefährdet (IUCN: Vulnerable)

Äußerliche Merkmale der Vierzehenschildkröte

Die Vierzehenschildkröte zeichnet sich durch einige charakteristische äußere Merkmale aus, die sie von anderen Landschildkrötenarten unterscheiden. Der auffälligste Unterschied ist ihr relativ flacher, ovaler bis kreisrunder Rückenpanzer. Im Gegensatz zu den stärker gewölbten Panzern anderer Testudo-Arten ermöglicht diese flachere Form der Vierzehenschildkröte, sich leichter in den Boden einzugraben. Die Grundfarbe des Panzers variiert von gelblich über olivgrün bis hin zu bräunlichen Tönen, oft mit dunklen Flecken oder Mustern versehen. Mit zunehmendem Alter können die Panzer fast schwarz werden.

Ein weiteres namensgebendes Merkmal sind die vier Zehen an den Vorderbeinen, während die meisten anderen Landschildkröten fünf Zehen besitzen. Diese Reduktion der Zehenzahl ist eine Anpassung an das Graben in hartem, trockenem Boden. Die Vorderbeine sind kräftig und stark beschuppt, was das Graben zusätzlich erleichtert. Der Kopf ist verhältnismäßig klein und kann vollständig in den Panzer zurückgezogen werden. Die Augen sind dunkel und die Schnauze leicht zugespitzt. Der Schwanz ist kurz und endet in einem hornigen Nagel. Männliche Tiere haben in der Regel einen längeren, dickeren Schwanz als weibliche. Insgesamt erreichen ausgewachsene Vierzehenschildkröten eine Panzerlänge von 15 bis 25 cm, wobei Weibchen oft größer werden als Männchen.

Lebensraum und Herkunft

Die Vierzehenschildkröte, auch als Steppenschildkröte bekannt, ist in den weiten, trockenen Gebieten Zentralasiens beheimatet. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von der Region östlich des Kaspischen Meeres über Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan bis hin zu Teilen des Iran, Afghanistans und sogar bis in westliche Regionen Chinas. In diesen Gebieten bewohnt sie vorwiegend Steppen, Halbwüsten und trockene Grasländer.

Der Lebensraum der Vierzehenschildkröte ist geprägt von extremen klimatischen Bedingungen. Die Sommer in diesen Regionen können außerordentlich heiß werden, mit Temperaturen, die nicht selten 40°C übersteigen. Im Gegensatz dazu können die Winter bitterkalt sein, mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Diese extremen Schwankungen haben die Vierzehenschildkröte zu bemerkenswerten Anpassungen gezwungen. Sie hat die Fähigkeit entwickelt, sich tief in den Boden einzugraben, um sowohl der Sommerhitze als auch der Winterkälte zu entgehen. In ihrem natürlichen Habitat graben die Tiere oft meterlange Tunnel und Höhlen, die ihnen als Schutz vor den Witterungsextremen dienen.

Trotz der kargen Umgebung findet die Vierzehenschildkröte in ihrem Lebensraum ausreichend Nahrung. Sie ernährt sich hauptsächlich von der spärlichen Vegetation, die in diesen trockenen Gebieten wächst, darunter verschiedene Gräser, Kräuter und gelegentlich auch Früchte. Besonders in der Nähe von Oasen oder temporären Wasserläufen kann die Vegetation üppiger sein, was diese Bereiche zu bevorzugten Aufenthaltsorten macht. Die Anpassungsfähigkeit an diese herausfordernden Lebensbedingungen macht die Vierzehenschildkröte zu einem wahren Überlebenskünstler in einer der unwirtlichsten Regionen der Welt.

Verhalten der Vierzehenschildkröte

Das Verhalten der Vierzehenschildkröte ist eng an ihre Umgebung und die extremen klimatischen Bedingungen ihres Lebensraums angepasst. Eine ihrer bemerkenswertesten Verhaltensweisen ist die Fähigkeit, sowohl eine Winterstarre als auch eine Sommerruhe (Ästivation) einzulegen. Während der heißesten Sommermonate, wenn die Temperaturen unerträglich hoch werden und die Vegetation vertrocknet, ziehen sich die Schildkröten in ihre selbst gegrabenen Höhlen zurück und fallen in einen Zustand reduzierter Aktivität. Diese Sommerruhe kann nahtlos in die Winterstarre übergehen, wenn die Temperaturen im Herbst sinken.

Die Vierzehenschildkröte ist ein ausgezeichneter Gräber. Mit ihren kräftigen, mit scharfen Krallen versehenen Vorderbeinen kann sie tiefe Tunnel und Höhlen in den harten Steppenboden graben. Diese Fähigkeit ist nicht nur für die Überwinterung und Sommerruhe wichtig, sondern dient auch als Schutz vor Fressfeinden und extremen Wetterbedingungen. In Gefangenschaft zeigen die Tiere oft ein ausgeprägtes Grabverhalten, selbst wenn ihnen ausreichend Schutz geboten wird.

Außerhalb ihrer Ruhezeiten sind Vierzehenschildkröten tagaktiv und verbringen einen Großteil ihrer Zeit mit der Nahrungssuche. Sie sind in der Regel Einzelgänger, können aber in geeigneten Habitaten in größeren Dichten vorkommen. Während der Paarungszeit im Frühjahr werden die Männchen aktiver und suchen nach Weibchen. Dabei kann es zu Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Männchen kommen, bei denen sie versuchen, sich gegenseitig umzudrehen.

Paarung und Brut

Die Fortpflanzungszeit der Vierzehenschildkröte beginnt typischerweise im Frühjahr, kurz nachdem die Tiere aus ihrer Winterstarre erwachen. In dieser Zeit sind die männlichen Schildkröten besonders aktiv und suchen nach paarungsbereiten Weibchen. Das Paarungsverhalten der Vierzehenschildkröten kann recht energisch sein. Die Männchen verfolgen die Weibchen, rammen sie mit ihrem Panzer und beißen gelegentlich in ihre Beine, um sie zur Paarung zu bewegen. Während der Kopulation gibt das Männchen charakteristische Laute von sich.

Nach erfolgreicher Paarung beginnt für die Weibchen die Phase der Eiablage. Sie graben mit ihren Hinterbeinen eine flaschenförmige Grube in den Boden, in die sie ihre Eier ablegen. Ein Gelege besteht in der Regel aus 2 bis 6 Eiern, wobei die genaue Anzahl von Faktoren wie Größe und Alter des Weibchens sowie den Umweltbedingungen abhängt. Interessanterweise können Vierzehenschildkröten unter günstigen Bedingungen mehrmals pro Jahr Eier legen, was ihre Reproduktionsrate im Vergleich zu anderen Landschildkrötenarten erhöht.

Die Inkubationszeit der Eier variiert je nach Umgebungstemperatur und dauert etwa 60 bis 110 Tage. Wie bei vielen Reptilien wird das Geschlecht der Jungtiere durch die Inkubationstemperatur bestimmt. Höhere Temperaturen führen tendenziell zur Entwicklung von weiblichen, niedrigere zu männlichen Nachkommen. Die frisch geschlüpften Jungtiere sind etwa 3-4 cm groß und von Anfang an selbstständig. Sie müssen sich sofort den Herausforderungen ihrer Umwelt stellen, einschließlich der Suche nach Nahrung und Schutz vor Fressfeinden.

In freier Wildbahn ist die Überlebensrate der Jungtiere relativ gering, da sie vielen Gefahren ausgesetzt sind. Diejenigen, die überleben, wachsen langsam und erreichen die Geschlechtsreife erst nach mehreren Jahren. Diese langsame Reifung, kombiniert mit der relativ geringen Anzahl an Nachkommen pro Gelege, macht die Vierzehenschildkröte anfällig für Populationsrückgänge, insbesondere wenn zusätzliche Bedrohungen durch menschliche Aktivitäten hinzukommen.

Gefährdung

Die Vierzehenschildkröte ist wie viele andere Schildkrötenarten zunehmend bedroht. Die Internationale Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen (IUCN) stuft sie als „gefährdet“ (vulnerable) ein. Diese Einstufung basiert auf verschiedenen Faktoren, die die Populationen der Art in freier Wildbahn beeinträchtigen.

Ein Hauptgrund für den Rückgang der Bestände ist der Verlust und die Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums. Die Steppengebiete, in denen die Vierzehenschildkröte heimisch ist, werden zunehmend für landwirtschaftliche Zwecke umgewandelt oder durch Überweidung degradiert. Darüber hinaus führt die Erschließung von Ölfeldern und anderen Rohstoffvorkommen in ihrem Verbreitungsgebiet zur Fragmentierung und Zerstörung wichtiger Habitate.

Ein weiteres ernsthaftes Problem ist der illegale Handel mit Vierzehenschildkröten für den Heimtiermarkt. Trotz internationaler Schutzabkommen wie dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES), das den Handel mit wildgefangenen Exemplaren stark einschränkt, werden immer noch viele Tiere aus der Natur entnommen. Dies hat in einigen Gebieten zu einem drastischen Rückgang der Populationen geführt.

Klimaveränderungen stellen eine zusätzliche Bedrohung dar. Die zunehmende Häufigkeit von extremen Wetterereignissen wie Dürren kann die Überlebenschancen der Schildkröten in ihrem ohnehin schon herausfordernden Lebensraum weiter verringern. Auch die Veränderung der Temperaturmuster kann sich auf die Geschlechterverteilung der Nachkommen auswirken, da das Geschlecht bei der Eiinkubation temperaturabhängig bestimmt wird.

Um die Vierzehenschildkröte zu schützen, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich. Dazu gehören der Schutz und die Wiederherstellung ihrer natürlichen Lebensräume, strengere Kontrollen des illegalen Handels und Aufklärungsprogramme in den Herkunftsländern. Zuchtprogramme in Gefangenschaft können ebenfalls dazu beitragen, den Druck auf wilde Populationen zu verringern. Es ist wichtig, dass internationale Zusammenarbeit und lokale Initiativen Hand in Hand gehen, um die Zukunft dieser faszinierenden Schildkrötenart zu sichern.

Quellen

[1] https://www.landschildkroeten.de/haltung/vierzehenschildkroete-testudo-horsfieldii/
[2] http://www.villa-testudo.de/index.php?id=38
[3] https://www.landschildkroeten-hunsrueck.de/steckbrief-steppenschildkroete-agrionemys-horsfieldii/
[4] https://www.lizard-lounge.at/unsere-reptilien-haltung/russische-vierzehen-landschildkroete/
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Vierzehenschildkr%C3%B6te
[6] https://www.landschildkroetenratgeber.de/russische-landschildkroete.html
[7] https://schildi.hier-im-netz.de/russen.htm
[8] https://vhm-abc.com/de/testudo-agrionemys-horsfieldii-vierzehenschildkroete

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